DOK-Augenuntersuchungen

Sicherheit durch DOK-Augenuntersuchung?

Seit ca. 4 Jahren lassen einige Besitzer und Züchter von Deutschen Pinschern ihre Hunde jährlich von sog. DOK-Augenärzten (DOK = Dortmunder Ophtalmologenkreis) untersuchen. Mit deren Untersuchungsmethoden lassen sich kleine Veränderungen im Auge feststellen, die auf die Entwicklung des grauen Stars (Katarakt) hindeuten können. Durch eine jährlich sich wiederholende Untersuchung attestiert der DOK-Augenarzt den Befund „frei“ oder „nicht frei“ von Anzeichen des grauen Stars. Eine gesicherte Diagnose ist damit aber noch nicht gegeben. Die Kontrolle über Jahre hinweg wird zeigen, ob ein grauer Star entsteht.

Grauer Star

Vereinzelt habe ich von alten Pinschern (10 Jahre und älter) gehört, bei denen Symptome des grauen Stars, d.h. getrübte Augenlinsen, aufgetreten sind. Nach Aussage ihrer Besitzer beeinträchtigt dies ihre Sehfähigkeit jedoch kaum oder gar nicht.

Ursachen

Neben einer eventuell genetischen Abhängigkeit sind auch äußere Einflüsse für eine Linsentrübung wie Verletzungen und Infektionen der Augen oder auch Stoffwechselstörungen, z.B. Diabetes, und Umwelteinflüsse verantwortlich. Diese können sich durchaus schon im Mutterleib auf den Embryo auswirken. Defekte können bei der Geburt dann schon angelegt sein, sind aber dennoch nicht ererbt.

Was ist was?

In den Formularen der DOK-Augenärzte und auf manchen HPs werden Begriffe verwendet, die wir hier einfach und kurz erläutern wollen:
• Katarakt = grauer Star = Linsentrübung des Auges
• kongenital = Anzeichen, die innerhalb der ersten 8 Lebenswochen festgestellt werden
• nicht kongenital = Anzeichen, die nach den ersten 8 Lebenswochen festgestellt werden
• frei = Anzeichen für die Entwicklung einer Linsentrübung sind nicht zu erkennen
• nicht frei = Anzeichen für die Entwicklung einer Linsentrübung sind zu erkennen
• HC = Heriditärer Cataract = erbliche Linsentrübung
Dabei sind drei Gesichtspunkte von Bedeutung:
• Kongenital bzw. nicht kongenital hat nichts mit Vererbung zu tun, sondern in diesem Fall nur mit dem Zeitpunkt, wann die Anzeichen für eine eventuelle Trübung eines Auges festgestellt wurden.
• Die Befunde „frei“ und „nicht frei“ sind Feststellungen, die sich nur auf den Zeitpunkt der Untersuchung beziehen.
• Die Erblichkeit des grauen Stars ist beim DP wissenschaftlich nicht nachgewiesen.

Vererbung

Jeder Züchter, der Grundkenntnisse in der Genetik besitzt, weiß, dass die genetische Ausstattung der Eltern durch die heutigen Augenuntersuchungsmethoden nicht erkannt werden können. Der Befund „frei“ sowie „nicht frei“ wird von den Ärzten auch immer nur „vorläufig“ (für 12 Monate) gegeben und darf nicht als genetische Aussage verstanden werden.
Allerdings werden alle die Fälle, bei denen die Ursache für die Anzeichen einer Linsentrübung nicht festzustellen ist, in der Statistik als erblich bedingt eingestuft.

Nachweis der Erblichkeit erbringen

„Um unnötige Selektionsmaßnahmen zu vermeiden, muss beim Auftreten von krankhaften Veränderungen als erstes der Nachweis der Erblichkeit erbracht werden.“ (Schleger/Stur, 1986) Bis heute gibt es noch keinen eindeutigen Nachweis für die Erblichkeit der Katarakt beim Deutschen Pinscher. Dafür wäre ein Gentest nötig, den es aber bisher nicht gibt. Auch die DOK-Ärzte drücken sich vorsichtig aus: Sie zählen die Katarakt zu den „wahrscheinlich“ erblichen Augenkrankheiten. Der Begriff von HC (Heriditärer Cataract= erbliche Linsentrübung), der in diesem Zusammenhang oft benutzt wird, ist spekulativ und hier völlig fehl am Platz!

Die Entwicklung verfolgen

Hunde mit Anzeichen einer Katarakterkrankung sollten sorgfältig in ihrer Entwicklung beobachtet, die gesicherten Erkenntnisse gesammelt und ausgewertet werden, um daraus anschließend züchterische Konsequenzen zu ziehen. Es gibt für Deutsche Pinscher noch keine nachgewiesenen Erkenntnisse, dass sich die von DOK-Ärzten attestierten Anzeichen einer Katarakt zu Sehbehinderungen oder gar Blindheit im Laufe des Lebens entwickeln.

Ich habe seit Beginn der Augenuntersuchungen einzelne Hunde, denen Anzeichen einer Katarakterkrankung bescheinigt worden waren, in ihrer Entwicklung verfolgt. Bis heute hörte ich trotz meiner Nachforschungen von keinem dieser Deutschen Pinscher, dass er erblindet wäre. Die Besitzer stellen die Entwicklung bisher als problemlos dar. Der älteste dieser Hunde ist heute immerhin 14 Jahre alt.

Welche Sicherheit?

Die Aussage „frei von erblichen Augenkrankheiten“ stellt keinerlei gesundheitliche Garantie weder für die untersuchten Elterntiere selbst noch für ihre Welpen dar. Dafür sprechen mehrere Gründe:
• Der Befund „frei“ oder „nicht frei“ macht ausdrücklich nur eine Aussage über den momentanen Ist-Zustand des untersuchten Tieres.
• Ob sich kleine Veränderungen im Auge zum grauen Star über die Jahre hin entwickeln, bleibt fraglich.
• Der Ist-Zustand kann von einer Untersuchung zur nächsten wechseln. So können die zunächst festgestellten Anzeichen auch wieder verschwinden.
• Anzeichen für den grauen Star können noch nach 6 oder 7 Jahren, trotz jährlicher Untersuchung, erstmals festgestellt werden. Dann haben Hündinnen ihre Zuchtzeit schon weitgehend hinter sich und Rüden schon mehrfach gedeckt.
• Es wird angenommen, dass der graue Star erblich ist. Es gibt aber noch keinen wissenschaftlichen Nachweis über die Vererbung des grauen Stars beim Deutschen Pinscher.
• Festgestellte Anzeichen für eine sich entwickelnde Linsentrübung können Fremdeinwirkung zur Ursache haben.
• Sicherheit kann nur ein genetischer Beweis der Erblichkeit und ein daraus folgender Gentest bieten. Ob es dazu kommt, wird die Zeit zeigen.

Die Nachzucht ist entscheidend

Frau Dr. Eichelberg spricht sich in ihrem Buch „Hundezucht“ (2006) selbstverständlich für die Überprüfung der Gesundheit von Zuchttieren aus, gibt aber zu bedenken: „Eine solche Überprüfung kann aber nur als Einstieg in die Zucht angesehen werden. Sie sagt lediglich etwas über den momentanen Zustand des vorgestellten Tieres aus und nichts über seine Zuchtqualität. Diese realisiert sich erst im Zuchteinsatz.“ Das heißt, erst an der Nachzucht zeigt sich der Zuchtwert der Eltern!

Unsere Hunde

Viele unserer Nachzuchthunde von verschiedenen Müttern und Vätern wurden von DOK-Augenärzten untersucht. Die Befunde waren alle in Ordnung.
Eines ist gewiss: Wir werden unsere Hunde «im Auge behalten»!

Möchten Sie dem Thema weiter auf den Grund gehen? Dann lesen Sie hier:
«Das Auge des Hundes» (A. Kaiser, Deutsche Pinscher von Calpunia)
Mit freundlicher Genehmigung des Verfassers, Siegfried Menzel